Donnerstag, 10. Januar 2013

Die Fettsteuer - sinnvoll oder nicht?

Das wurde ich letzte Woche von der taz gefragt. Und heute wurde es als "Streit der Woche" veröffentlicht - in der Sonntagsausgabe http://www.taz.de/Reflexionen-ueber-Fett/!79952/.

Zuerst war ich mir garnicht so sicher, ob ich für so eine Steuer bin. Dann fiel mir ein, dass es ja um gesättigte Fette geht. Das geht meist unter - fatal! Und außerdem: Ist ja eine Bevormundung. Aber dann fiel mir ein Vortrag einer FAO-Expertin ein, die zwei sehr plakative Tortendiagramme zeigte: auf einem wurden die am meisten geförderten Lebensmittel gezeigt - auf dem anderen die "gesunden" Lebensmittel hervorgehoben. Und siehe da: die am meisten geförderten Lebensmittel sind gleichzeitig auch die mit den größten gesundheitlichen Nachteilen: Zucker, Fleisch und Fett. Getreide wird nur mäßig bezuschusst, gesunde Fettfrüchte ebenfalls - und Obst und Gemüse so gut wie garnicht. Das heißt: Mit EU-Geldern werden Lebensmttel gefördert, von denen wir eher etwas weniger essen sollten. Da ist die Idee doch nicht abwegig, die ungesunden Dinge etwas teurer zu machen. Dann fiel mir das berühmte Nordkarelienprojekt ein. Wie alle epidemologische Studien ist es umstritten. Trotzdem: Eine ganze Nation gewann gesunde Lebensjahre durch eine kollektive Ernährungsumstellung hin zu mehr ungesättigten Fetten. Eine beeindruckende Maßnahme! Und hier ist mein statement für die TAZ:

Ja – aber.

Das berühmte Nordkarelienprojekt hat gezeigt: weniger gesättigte Fettsäuren machen ein ganzes Volk gesünder. Das bestätigt die Leitlinie Fett der DGE. Allein durch Aufklärung aber ändert sich Essverhalten nur langsam: Gewohnheit und Kosten sind für den Verbraucher wichtiger. Dazu kommt Werbung und eine Lebensmitteltechnologie, die uns auch Ungesundes schmackhaft macht. Alle wollen verdienen: Landwirtschaft, Lebensmittelindustrie und Handel. Wer aber vertritt das Interesse an der Gesundheit? Das können letzten Endes nur wir selber übernehmen – oder unsere Vertreter im Parlament. Der einfachste Weg ist es tatsächlich, den Verbraucher beim Geldbeutel zu packen. Ungesundes – das oft billig ist – sollte teurer werden. Dann haben auch gesündere Lebensmittel eine Chance! Und gerade arme Bevölkerungsschichten profitieren doppelt: Fettgesunde Lebensmittel werden in diesem Falle billiger. Ein Sündenfall der Bevormundung? Nun tun wir doch nicht so, als ob die Lebensmittelpreise „frei“ seien! Die EU fördert vor allem Lebensmittel, die von Gesundheitsexperten als negativ beurteilt werden. Warum nicht gegensteuern und mal etwas für die „Guten“ tun? Aber bitte die gewonnene Steuer sofort in die Aufklärung stecken – bei Kindern und Schwangeren! Ganz praktisch mit Schul- und Kindergartenprojekten, mit Zuschüssen zur Schulverpflegung und Beratung. Dann wird sie vielleicht irgendwann überflüssig!